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Die Stilfrage: Einstecktuch – ja oder nein?

Tipps und Tricks, meine persönliche Empfehlung und die Ursprünge



«Wer in schönen Dingen einen schönen Sinn entdeckt, hat Kultur.

Für ihn gibt es Hoffnung.»

Oscar Wilde, «Das Bildnis des Dorian Gray»


Bei kaum einem Accessoire wird die Sicherheit oder Unsicherheit eines Mannes so offenbar wie beim Einstecktuch (bei uns auch Pochette genannt). Dies bezieht sich sowohl auf sein Selbstbewusstsein als auch auf seine Sicherheit in Stilfragen. Führt es deshalb ein Schattendasein, da wir noch Glaubenssätze wie «es ist zu auffällig» oder «es ist schwer auf die restliche Kleidung abzustimmen» oder «es könnte übertrieben wirken» in unseren Köpfen haben? Oder sind es einfach die Fragen: «wann und wie?». Diese erste ist schnell beantwortet: Es passt immer dann, wenn man eine Jacke trägt. Also nicht nur zum Anzug, sondern auch zur Sportjacke oder Blazer, auch wenn dazu Chinos oder Jeans getragen werden. Und – das Einstecktuch ist nicht an das Tragen einer Krawatte gebunden. Das Einstecktuch kann oftmals sogar einem krawattenlosen sportlichen Outfit einen Hauch von lässiger Eleganz verleihen.


Zum «wie» gibt es eher Empfehlungen als Regeln. Die einfachste lautet: «Ein Tuch, dass die Farben der übrigen Kleidung in irgendeiner Form aufnimmt und dabei einen interessanten Zusammenklang erzeugt». Also kann das Einstecktuch zum Hemd, der Krawatte, den Socken, Manschettenknöpfen oder sonstigen Akzenten der Kleidung passen. Es ist eigentlich alles erlaubt, was gut aussieht.

Wer mich kennt, kennt auch mein Lieblingsoutfit: Ein weisses Hemd, Jeans (ja, ich mag noch den Destroyed-Look...), dazu ein Gilet (denn ohne ist man ja nicht richtig angezogen), darüber ein Sakko und natürlich eines meiner Einstecktücher. Fertig ist mein Look! Die Farbe des Einstecktuches darf zu dem passen, was ich möchte. Manchmal ist es gar die Unterhose :-)

Ein weisses Leinentuch passt zu allen formellen Anlässen, die Faustregel lautet: immer wenn ein weisses Hemd angebracht ist, passt auch das weisse Leinentuch. Bitte vermeide die gebrauchsfertig gefalteten Einstecktücher und auch solche, die im vermeintlich stilsicheren «Kombipack» samt Krawatte daherkommen. Denn der Witz beim Einstecktuch ist ja gerade sein interessantes Zusammenspiel mit Krawatte, Hemd, Jacke und dem restlichen Outfit.

Zugegeben, genau dies sind jedoch die Hürden, die viele Männer vor dem Einstecktuch zurückschrecken lässt, denn die gekonnte Zusammenstellung verschiedener Designs und Farben ist schwierig.

Um es für dich wieder etwas einfacher zu machen: Die Kunst des Mustermixens hängt einfach nur vom persönlichen Stilempfinden ab und vom Mut, zu dem zu stehen, was man selbst für gut befunden hat. Und das muss eben nicht unbedingt das sein, was dem Kollegen gefällt. Und selbst wenn drei Meinungen deinen Mix toll finden, wird es eine weitere Meinung geben, die ihn nicht für gelungen hält.

Fazit: mach dein Ding und steh dazu! Denn das Einstecktuch ist ein Accessoire, das deinem Outfit den letzten Schliff gibt.


Wo hat das Einstecktuch seine Ursprünge?

Die genaue Geschichte des Einstecktuchs ist etwas verschwommen. So soll es seine Ursprünge in der Antike, in Ägypten, Rom oder Griechenland haben. Die Wohlhabendsten benutzten ein weisses Leinenquadrat als Einstecktuch. Diese Praxis setzte sich im Mittelalter in Europa fort, wo die Wohlhabendsten ein mit Duftstoffen versetztes Seidentaschentuch benutzten, um ihren Geruchssinn vor dem üblen Gestank der Städte zu schützen. König Richard II. gilt oft als Erfinder des ersten echten Einstecktuchs als modisches Accessoire, das er gerne mit auffälligen Mustern versah. In Frankreich ist das Einstecktuch auch am Hof Ludwigs XVI. zu finden, wo es meist aus Seide gefertigt und bestickt wurde. Abgesehen von seinem praktischen Nutzen ist das Einstecktuch auch ein modisches Accessoire, das sich ständig weiterentwickelt. Paisleymuster finden schnell ihren Platz auf Seidentaschentüchern, während weisse Einstecktücher mit farbigem Rand eine eher späte Erfindung sind.

Mit dem Aufkommen des zweiteiligen Anzugs im 19. Jahrhundert wird das Einstecktuch von einem nützlichen zu einem ästhetischen Accessoire, das die Männer in der Brusttasche ihres Jacketts zu tragen beginnen. Zu dieser Zeit war es üblich, dass Männer zwei Taschentücher bei sich trugen, eines in der Hosentasche, das die Funktion eines Taschentuchs hatte, und ein weiteres in der Jacke als modisches Kleidungsstück. Mit dem Aufkommen der industriellen Taschentücher wurde das Taschentuch überflüssig, und es entstand das Einstecktuch, wie wir es heute kennen, ein dekoratives Accessoire, ein Trend, der sich in den fünfziger Jahren in den Vereinigten Staaten bestätigte, wo die Männer begannen, Spass an ihrem Outfit zu haben.

Wir können davon ausgehen, dass in diesen Jahren das Taschentuch dem Platz macht, den wir heute als Einstecktuch bezeichnen, und dass es einen seiner Hauptunterschiede zum Taschentuch erhält, nämlich den gerollten Rand, das bis heute ein Einstecktuch von einem Taschentuch unterscheidet.

Im 20. Jahrhundert hat sich das Einstecktuch als Zeichen der elegantesten Herren der westlichen Welt etabliert. Die technische Entwicklung ermöglicht immer vielfältigere Designs und eine Vielzahl von Farben und Mustern. Mehrere Hollywood-Schauspieler wie Cary Grant, Gary Cooper oder Frank Sinatra beginnen, das Einstecktuch zu tragen, was zur Demokratisierung des Einstecktuchs beiträgt.

Ende der 1950er Jahre erlebt das Einstecktuch einen Rückschlag und gilt als unmodern und wurde nur noch selten offen getragen, bevor es in den Nullerjahren ein willkommenes Comeback erlebt, das durch den Vintage-Trend und Serien wie Mad Men gefördert wurde.


Wenn du Fragen hast, Anregungen wünschst oder einige Falttechniken lernen möchtest, melde dich gerne bei mir.

+41 76 345 20 91 oder tom@tomkramer.ch

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